Die Anspannung war groß, die Vorfreude auch, doch eigentlich war sich niemand so sicher, wie dieser Abend so werden würde – so ist es eben, wenn man eine absolute Premiere erlebt. Erstmalig in Österreich trafen sich hörende und gehörlose PoetInnen, um einen bilingualen Poetry Slam zu bestreiten, und am Ende wurden unsere Hoffnungen noch weit übertroffen. Es wurde ein wunderschöner Abend. Hier nochmals ein kleiner Rückblick.

Die Bäckerei war Ort des Geschehens und füllte sich zu unserer großen Freude bis zum letzten Platz. Im Publikum wurden 6 JurorInnen bestimmt (jeweils drei Hörende und Gehörlose), die über Sieg und Niederlage bestimmen sollten. Doch ein Deaf Slam braucht natürlich auch noch eine Sonderregel: Bis zu drei Zusatzpunkte konnte das Publikum mit der Intensität seines Gebärdenapplauses der Wertung hinzufügen.

Lokalmatador Tom Schutte setzte sich als Opferlamm in Szene und ins Auto. Die Fahrt ging in die richtige Richtung, das Publikum folgte vergnügt in den tatsächlichen Bewerb.

Mariya Kilinc eröffnete den Deaf-Slam und ließ zwei Herzen schlagen. Doch dabei blieb es nicht: Auch im Publikum schlugen die Herzen höher – Ein Gänsehauttext.

Als erste Hörende startete Mieze Medusa in den Abend. Sie tötete wirkungsvoll Drachen und fragte whoever knows anything anymore these days.

Victoria Kirchmair ging in ihrem Text auf Reisen, umrundete die Welt und präsentierte die Gebärdensprache als ultimative Lingua Franca.

Mario Tomic war schon im November in Innsbruck, als zum ersten Mal Gebärdensprach-DolmetscherInnen beim regulären Bäckerei Slam mit dabei waren. „Gib mir noch so einen Tag“ hieß es dann auch passenderweise in seinem Text, Mario bekam eine Namensgebärde verpasst und lernte auch, wie man „Blümchensex“ in Gebärdensprache ausdrückt.

Monika Mück-Egg ist nicht nur Leiterin des Landesverbands der Tiroler Gehörlosenvereine, sondern ließ sich auch die Teilnahme bei DST nicht nehmen. Teil eins ihrer „verkehrten Welt“ zeichnete das Bild einer düsteren Vergangenheit, in der Sprache unterdrückt wird.

Die Karin war uns an diese Tag zu Hilfe geeilt und für den erkrankten Elias Hirschl eingesprungen. Doch die Fahrt hat sich gelohnt und das fanden alle „Schön!“ – Karin brachte einen Mitmachtext, bei dem man gleich die passende Gebärde lernen konnte.

Markus Menner muss nur einen Buchstaben seines Namens verändern um seinen ersten Text zu beschreiben: Männer saßen hier im Auto, mitreißend war der Vortrag und die Schlusspointe ein Brüller für alle, egal ob hörend oder gehörlos

Clara Nielsen hatte die weiteste Anreise und verzauberte mit einem traum-haften Text, in dem Mega-Lollis, Elefanten und Gartenzwerge vom Himmel fielen.

Frank Dauer beschloss die Vorrunde. Er präsentierte einen Text in Gebärdensprache, obwohl er selbst Hörender ist. Gleichzeitig präsentierte er eine Spielart des Deaf-Slam, die so an diesem Abend noch nicht vertreten war: Sein Text war sehr bildhaft, sehr symbolisch: Eine Pflanze im Sturm – ein Ganzkörper-Haiku. Danach ging es in die Pause.
Fürs Finale qualifizierten sich die besten Fünf aus der Vorrunde. Und mit jede/r StarterIn stieg die Spannung:
Markus machte den Anfang, brachte einem Klischeepärchen humorvoll Kinderfreuden ins Haus – 18,5 Punkte.
Monika machte den Anfang, lieferte Teil zwei der „verkehrten Welt“ und zog nach Punkten gleich – 18,5 Punkte.
Dann kam Victoria Kirchmair, mixte Gebisse, Krankenhaus und Erinnerungsbruchstücke zu einem humorigen Cocktail – 21 Punkte!
Das sah schon nach Siegchancen aus, doch dann kam Karin und schoss mit ihrem „Leben als Frau“ den Vogel ab. Höchstvoting bei der Jury, Höchstvoting bei den Extrapunkten – 23 Punkte.
Mario Tomic konnte nur noch gleichziehen und scheiterte mit seinem Holzfällertext nur ganz haarscharf – 22,5 Punkte.
Karin konnte den Siegerwhisky und Spenden aus dem Publikum einheimsen, doch gewonnen haben an diesem Abend alle, die mitgemacht haben. Jeder ging mit einem Hochgefühl nach Hause, die Aftershow-Party war ausgedehnt und euphorisch. Bleibt nur zu hoffen, dass wir in der Zukunft mehr von diesen Deaf-SlammerInnen sehen. Denn dieser Premierenabend hat alle begeistert.
(Eine Chance gibt es dazu gleich beim regulären Bäckerei-Slam am 28. Juni, der wieder von DolmetscherInnen begleitet wird! Gleich in den Kalender schreiben!)